Information und Leitfaden Schultersteife — Kapsulitis / Frozen Shoulder
Bei Ihnen liegt eine sehr häufige orthopädische Erkrankung/Veränderung (ca 4 %) der Schulter vor.
Die genaue Untersuchung und ergänzende Diagnostik (Röntgen, MRT und ggfs. Ultraschalluntersuchung, hinzuziehen anderer Arztgruppen) können das Krankheitsbild erfassen und andere Ursachen ausschließen.
Ursache
Man unterscheidet eine primäre (ohne erinnerlicher Ursache) von einer sekundären (z.B. nach Unfall) Schultersteife.
Es handelt sich um eine entzündliche Erkrankung der Gelenkkapsel mit Einsteifung. Altersgipfel zwischen 40-60 Lebensjahr; gering häufiger bei Frauen, Diabetes mellitus/ Schilddrüsenerkrankung und positiver familiäre Historie.
Die Erkrankung verläuft sehr variabel in Ausprägung und zeitlicher Dauer, jedoch im allgemeinen in 3 Phasen:
- „Freezing Phase“ — Versteifungsphase mit zum Teil stärksten Schmerzen in Belastung und Ruhe (ca. 10 - 36 Wochen)
- „frozen Phase“ — Einsteifungsphase in der Schulter (ca. 4-12 Monate), Schmerzrückgang in der Schulter, Verspannung der Schulter-Nacken-Region
- „thawing Phase“ — Auftauphase (4 -24 Monate) Wiederherstellung der Beweglichkeit
Die Beschwerden entstehen wahrscheinlich auch durch eine jahrelange chronische allgemeine Haltungsinsuffizienz mit falscher Positionierung des Schulterblattes auf dem Brustkorb und in der Folge einer Fehlstellung des Oberarmkopfes in der Gelenkpfanne mit Einengung unter dem Schulterdach (Impingement). Hierdurch kommt es zu einer Verschlechterung der muskulären Hebelwirkung und einem vermehrten Zug auf die Sehnenansätze am Knochen. Als Resultat bilden sich schmerzhafte Sehnenentzündungen z.T. mit Verkalkungen. In den schlimmsten Fällen auch eine entzündliche Schultersteife oder spontane Sehnenrisse. Eine Sehnenentzündung mit Kalkdepot, geringgradige Sehnenanrisse und Einengungen sowie die Schultersteife sind Domänen der konservativen Therapie:
Kühlen
Das Kühlen der schmerzhaften Schulter ist zur Schmerzreduktion sehr wichtig, und hilft ca. 9 von 10 Patienten. Hierzu gibt es der Zielwert auf der Haut sollte bei ca. 16° C liegen, z.B. per ummanteltem Coolpack. Die häufigen Verspannungen im Schulter- Nackenbereich können mittels Wärme gelöst werden. Die Anwendung sollte 2 x täglich für mindestens 14 Tage durchgeführt werden.
Belastung und Haltungsschulung
Bei Schulterschmerzen ist die schmerzangepasste Belastung unangenehm, aber in der Regel nicht schädlich. Eine Verletzung im Sinne eines Abreißens der Sehne ist selten und kann bei außergewöhnlichen Belastungen wie z.B. ruckartige Hebebewegung unter Last denkbar sein. Normale Alltagsbewegungen wie sind in der Regel gefahrlos durchführbar, wenn es der Schmerz zulässt. Sollte es bei einer Betätigung unmittelbar oder danach zu erheblichen Beschwerden kommen sollten Sie die Belastung unterlassen.
Wichtigste Ursachen orientierte Therapie ist die Verbesserung der Körperhaltung mit Aufrichtung des Beckens und der Wirbelsäule, Positionierung des Schulterblattes senkrecht auf Höhe des Ohres. Hierzu ist ein tägliches, langfristig angelegtes, eigenverantwortliches konsequentes Training notwendig. Eine ergonomische Arbeitsplatzoptimierung ist zu erwägen. Beim Sport ist eine Warm up/ Cool down und die korrekte Technik unerlässlich.
Behandlung
Die konservative Therapiecharakters orientiert sich an dem dreiphasigen Verlauf.
Anfänglich ist das Hauptziel die Schmerz- und Entzündungsreduktion
- z.B.: nicht steroidale Antirheumatika (NSAID, z.B. Ibuprofen)
- Kortisonschema in Tablettenform morgens
- in Ausnahmefällen eine Kortison Spritze
In Abhängigkeit zu Begleiterkrankungen, Allergien etc. und unter Magenschutz.
Ab der 2. Phase können Begleitpathologien, z.B. Kalkdepots mittels Stosswelle, konservativ therapiert werden; ursächliche Sehnenrisses frühestens 6 Monate nach Beschwerdebeginn.
Physiotherapie (Krankengymnastik) ist frühestens in der 2. bzw. 3. Phase angezeigt, sofern Schmerzfreiheit erreicht ist. Eine zu frühe, falsche oder überambitionierte Physiotherapie kann den Heilungsverlauf deutlich verschlechtern und verlängern.
Eine standardisierte Behandlung ist oftmals nicht möglich, weil jeder Fall individualisiert behandelt werden muss.
Im seltenen Fall einer erfolglosen Therapie über 6 Monate kann ein versteckter Sehnenriss oder eine Vernarbung möglich sein, welche nur mittels Arthroskopie (Gelenkspiegelung) erkannt und gleichzeitig erfolgreich therapiert werden können.